Kino
Unterpunkt zu: Bildverwendungstypen
Etymologie und WortbedeutungDer Ausdruck ‘Kino’ ist eine verkürzte Form von ‘Kinematograph’ bzw. ‘Kinematographie’. Der altgriechische Ursprung der Bezeichnung bezieht sich auf die Verbindung der Wörter ‘κίνημα’, einer Kurzform von ‘κίνηθμός’ (kinema, kinetmos: Bewegung, Kriegestanz, Erschütterung, Unruhe, Aufstand, Veränderung) und ‘γράφειν’ (graphein: zeichnen) (vgl. [Gemoll & Vretska 2006a]Gemoll, Wilhelm & Vretska, Karl (2006): Gemoll. Griechisch-deutsches Schulwörterbuch und Handwörterbuch. Oldenbourg Schulbuchverlag, München. Der Kinematograph (cinématographe) wurde 1895 von den Brüdern Louis und Auguste Lumière erfunden und diente als Aufnahmegerät zur Belichtung von Filmmaterial, als Projektor und als Kopiergerät. Die Projektion des kinematographischen Filmmaterials ermöglichte die Darstellung von Bewegung und konstituierte das spezifische Bewegungsbild des Films. Der Terminus ‘Kino’ dient heutzutage weitestgehend der apparativen Charakterisierung speziell ausgestatteter Orte (Leinwand, Sitzreihen etc.), an denen Filmvorführungen einem zahlenden Publikum – etwa im Gegensatz zum Fernsehen – öffentlich zugänglich gemacht werden.
Technisch-apparative SystematikSpricht man über das Kino, so ist damit stets zweierlei gemeint, einerseits die komplexe technische Apparatur, andererseits der spezifische Ort, an dem sich diese Apparatur befindet. Die kinematographische Bildlichkeit ist in erster Linie abhängig von der technischen Apparatur, welche eine triadische Einheit aus Film (35mm, CinemaScope, Cinerama, IMAX etc.), Projektionsvorgang und Projektionsfläche bildet (vgl. [Paech 2006a]Paech, Joachim (2006): Was ist ein kinematographisches Bewegungsbild?. In: Koebner, Th. & Meder, Th. (Hg.), Bildtheorie und Film. Edition Text + Kritik, München.
Kinematographisches DispositivDer komplexe Systemzusammenhang aus technischer Apparatur und Strukturierung des Kino-Raums (der Ort, an dem Vorführungen stattfinden) konstituiert die Gesamtheit des kinematographischen Dispositivs: Hier zeigt sich das Kino grundsätzlich in einer apparativen sowie rezeptiven Dimension. Das kinematographische Bewegungsbild zeigt sich explizit verschieden von den digitalen und informationell elektronischen Bewegungsbildern wie sie beispielsweise durch den Fernseher oder den Computermonitor konstituiert werden (vgl. [Paech 2006a]Paech, Joachim (2006): Was ist ein kinematographisches Bewegungsbild?. In: Koebner, Th. & Meder, Th. (Hg.), Bildtheorie und Film. Edition Text + Kritik, München.
Projektion und BewegungZwei Elemente sind in der Technikgeschichte des Films als zentrale und analoge Bezugsgrößen zu bestimmen: Projektion und Bewegung. Die Projektionskunst, die auf die Camera obscura und später die Laterna magica zurückgeht[1], basiert im Kontext des Kinos auf der Belichtung eines Photogramms (z.B. Dias, bemalte Glasplatten oder Filmstreifen) und der Projektion auf eine dafür vorgesehene Fläche. Generell ist das projizierte Motiv bzw. der aufgezeichnete Gegenstand statisch organisiert,[2] so dass durch die Projektion ebenfalls ein statisches Bild wiedergegeben wird. Die spezifische Bewegung strukturiert sich nicht durch eine alleinige Bewegungsdarstellung innerhalb des statischen Motivs, dies ließe sich sehr gut als Darstellung von Bewegung klassifizieren, sondern vielmehr durch die apparative Möglichkeit, eine Serie statischer Bilder in Bewegung zu versetzen. Um eine Serie statische Bilder sinnvoll in Bewegung zu versetzen müssen zwei notwendige Bedingungen erfüllt sein: Einerseits muss das Motiv der Bildserie eine figurale Differenz (vgl. [Paech 2006a]Paech, Joachim (2006): Was ist ein kinematographisches Bewegungsbild?. In: Koebner, Th. & Meder, Th. (Hg.), Bildtheorie und Film. Edition Text + Kritik, München. Bevor die moderne Kinematographie in der Lage war, das ideale Verhältnis von Projektion und Bewegung für die technischen Apparaturen nutzbar zu machen, gab es eine Vielzahl an Apparaturen, die allgemein als technische Vorgänger der modernen Kinematographie gelten, z.B. Phenakistiskop, Zoetrop, Praxinoskop, Zoepraxiskop, Elektrotachyskop, Kinetograph und Kinetoskop. Aufgrund der anfänglich noch unausgereiften Apparatur war die Kinematographie noch in ihren Anfängen im wahrsten Sinne ein „Kurbelbetrieb; Kurbeln an der Kamera und am Projektor dirigieren die Aufnahme und die Wiedergabe des aufgenommenen Materials“ ([Kreimeier 2012a]Kreimeier, Klaus (2010): Die Poesie der Maschine. Gedankensplitter zu einer Theorie des frühen Kinos. In: Kirchner, A. & Pohl, A. & Riedel, P. (Hg.), Kritik des Ästhetischen - Ästhetik der Kritik. Schüren, Marburg.
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Anmerkungen
Literatur
[Gemoll & Vretska 2006a]Gemoll, Wilhelm & Vretska, Karl (2006): Gemoll. Griechisch-deutsches Schulwörterbuch und Handwörterbuch. Oldenbourg Schulbuchverlag, München.[Hick 1999a]Hick, Ulrike (1999): Geschichte der optischen Medien. Fink, München.[Kreimeier 2012a]Kreimeier, Klaus (2010): Die Poesie der Maschine. Gedankensplitter zu einer Theorie des frühen Kinos. In: Kirchner, A. & Pohl, A. & Riedel, P. (Hg.), Kritik des Ästhetischen - Ästhetik der Kritik. Schüren, Marburg.[Paech 2006a]Paech, Joachim (2006): Was ist ein kinematographisches Bewegungsbild?. In: Koebner, Th. & Meder, Th. (Hg.), Bildtheorie und Film. Edition Text + Kritik, München. Ausgabe 1: 2013 Verantwortlich: Lektorat: Seitenbearbeitungen durch: Lars Grabbe, Dimitri Liebsch, Joerg R.J. Schirra, Patrick Kruse und Marcel Lemmes — (Hinweis) Zitierhinweis: |